„Haikus“: Digital gedruckte Bilder, die auf bearbeiteten Plakatschriften basieren. Nr. 05 und 06 wurden für das Buchprojekt „blue notes“ wieder in Holzschnitte umgesetzt

Ist ein digital erzeugtes und gedrucktes Bild ein Original, haben die elektronischen tools den gleichen Stellenwert wie traditionelle Werkzeuge? Fragen, die oft von Sammlern gestellt werden, die nicht nur aufgrund ihres Alters die klassischen Verfahren wie Radierung, Lithographie, Holzschnitt oder Siebdruck bevorzugen. 

Um es gleich vorabzu sagen: Ja, für mich haben die neuen Techniken den gleichen Stellenwert. Sie haben sogar den unschätzbaren Vorteil, eine Auflage, ein Format und eine Papierqualität nicht von vornherein festlegen zu müssen. Das mag man bedauern, aber es sei daran erinnert, daß Numerierung, Signatur und Limitierung die Marotten eines oft fragwürdigen Kunstmarktes sind. Der Künstler unterwirft sich meist widerwillig diesem Procedere, auf das er gut und gerne verzichten könnte.

Der zweite Vorteil liegt in der technischen Handhabung. Für die klassischen Verfahren benötigt man ein entsprechend großes eigenes Atelier oder eine handwerklich versierte Auftrags-Werkstatt inklusive Maschinenpark, umfangreichem Farbensortiment und einer Menge Papier. Für die digitale Fotografie und Grafik reichen – neben Scanner und Kamera –  ein Laptop mit entsprechenden Programmen, eine oder mehrere externe Festplatten zur Datensicherung und ein guter Tintenstrahldrucker. Kann ich mir letzteren (noch) nicht leisten, gibt es genügend Anbieter, die ich dank meines mobilen Computers oder einer CD/DVD erreichen kann. Alles in allem paßt das equipment auf drei bis vier Quadratmeter.

Die Firma Hahnemühle hat als führender Hersteller verschiedene DigitalFineArt-Papiere entwickelt, die erstaunliche Qualitäten besitzen. Zum einen handelt es sich um feinste alterungsbeständige Büttenpapiere, deren Haptik und Optik unwiderstehlich ist, zum anderen läßt die spezielle Oberflächenbehandlung eine bemerkenswerte Farbnuancierung und -tiefe zu. Die Drucker von Epson arbeiten mit acht Tinten, von denen das Schwarz – matte black und photo black – für verschiedene Anwendungen austauschbar ist. Die Pigmente sind laut Herstellerangaben licht- und alterungsbeständig, ich möchte ergänzend hinzufügen: nach menschlichem Ermessen. Der Umgang mit den DigitalFineArt-Papieren erfordert einige Versuche, die aber schnell zu guten bis hervorragenden Ergebnissen führen. Der Papierverbrauch hält sich in Grenzen, eher läßt die Begeisterung die Stapel wachsen… Übrigens sind auch „normale“ Papiere geeignet, der Druckkopf des Tintenstrahldruckers kann dazu sehr variabel in Bewegung und Farbintensität justiert werden.

Aber wo bleibt das Negative? Wie bei allen elektronischen Medien ist das A & O die Datensicherung. Und hier weiß niemand, was uns noch an Beschleunigung erwartet, welche hard- und software noch kreiert wird. Diverse updates sind unumgänglich, das Neueste vom Tage ist atemberaubend schnell der Schnee von gestern. Ein japanischer Holzschnitt, den ich für einen Sammler nach 200 Jahren mit allen Feinheiten drucken konnte, zeigt die Vorteile der alten hardware. Im Gegensatz zu dem japanischen Künstler kann ich heute jedoch zwischen vielen Möglichkeiten wählen und autonom die Schnittstellen nutzen. Ob ich dabei Birnen oder Äpfel bevorzuge, hängt von der Tageskondition ab – signieren werde ich weiterhin, versprochen!

Klaus Raasch gründete 1984 zusammen mit Artur Dieckhoff die Buchdruckwerkstatt Schwarze Kunst und arbeitet als Gestalter und Verleger in Hamburg. Der Text erschien im „Deutschen Drucker“ Nr. 40/6.12.2007, Seite 42