Zur 12. BuchDruckKunst wurde in der Buchdruck- und Lithografie-Werkstatt des Museums der Arbeit das Werk ALLES produziert. Der Text von Cornelia Manikowsky erschien als Erstausgabe mit Originalillustrationen von Muriel Zoe. Der Satz wurde mit einer Monotype-Setzmaschine hergestellt und auf einem Heidelberger Zylinder gedruckt. Die buchbinderische Verarbeitung erfolgte mit vielen ehrenamtlichen Helfern ebenfalls im Museum.
Die Lithografie bzw. der Steindruck ist ein Flachdruckverfahren, das auf dem Gegensatz von Fett und Wasser basiert und von Alois Senefelder 1798 erfunden wurde. Zu Anfang muß der Stein in mehreren Stufen völlig plan geschliffen werden. Der Solnhofener Schiefer wird dann mit fetthaltiger Kreide oder Tusche bezeichnet. Da auch Hautfette bleibende Spuren hinterlassen würden, trägt die Künstlerin Muriel Zoe während der Arbeit Baumwollhandschuhe. Holzkohle wird zum Skizzieren oder Übertragen einer Vorzeichnung verwendet und kann rückstandsfrei abgewischt werden. Nach dem Trocknen der Federzeichnung wird der Stein mit Gummi arabicum und einer leichten Ätzlösung präpariert. Dadurch wird der offenporige Stein an den unbezeichneten Stellen wasserführend gemacht und das Motiv wird stabilisiert. Die Tusche wird ausgewaschen, der Stein gefeuchtet und mit Druckfarbe eingefärbt. Die fetthaltige Farbe bleibt dabei nur an der Zeichnung haften. Die ersten Korrekturabzüge erfolgen auf einer sogenannten Reiberpresse. Für den Auflagendruck auf einer Steindruck-Schnellpresse von 1912 wird der Stein mit Holzkeilen fixiert. Einfärbung, Feuchtung und Druck erfolgen maschinell, das Papier muß jedoch von Hand angelegt werden. Die Bogen werden regelmäßig kontrolliert, um eine möglichst gleichbleibende Qualität in der Auflage zu erreichen.
Fotos: Klaus Raasch
ALLES im Zusammenspiel
Einige steile Thesen wage ich gleich zu Anfang: Literatur ist Kunst im Kopf, hervorgerufen durch Buchstaben. Und Lettern sind die sichtbare Seite der Schreibkunst. Wo sie stehen und wie und auf welchem Papier, beeinflußt die Wahrnehmung des Textes. Druck adelt, sagt man. Kunst-Druck adelt umso mehr, behaupte ich. Hochadel aber kommt durch die Nadel. Oder den Griffel. Oder wie hier durch Zeichenfeder und Tusche auf dem Lithografiestein.
Es geht um das gelungene Zusammen-Spiel dieser Elemente: Literatur, Bildkunst und Druck. Voraussetzung dafür sind Erfahrung und Professionalität aller Beteiligten. Die Schriftstellerin Cornelia Manikowsky und die Druckgrafikerin Muriel Zoe bringen genau diese mit. So kommt Alles zusammen: Drei kurze und wunderbar dichte Texte zu Kindheit, Liebe, Abschied, die in schnellem Tempo Alles (das ganze Leben?) auftauchen und vorüberziehen lassen und die in den Linien, mit denen Muriel Zoe den Lithostein überzogen hat, ihr bildnerisches Pendant finden. Das Geschriebene bekommt ein Kleid, dessen Aussehen wiederum aus der Wirkung des Gelesenen auf die Bildkünstlerin gewonnen wurde – beinahe hätte ich »gesponnen« gesagt, erinnern die haarfeinen Striche doch an Fäden und textile Strukturen.
Bevor ich aber deshalb auch noch das Wort Texturen einführe (also das schöne Buch zu zerreden beginne), lege ich jedem – soviel Wortspiel muß sein – einfach Alles ans Herz.
Andreas Greve